Montag, 20. Juni 2011

PHILOCAFÉ Affektophon TEXT

BERN 4.6.2011 Wollen Sie ein Affektophon ?

Der an der ETH in Züri lehrende gründlich deutsche Philosoph Michael HAMPE hat u.a. dem Vorbild Peter Bieris (aber auch Platons utopischer Schriftstellerkunst) folgend 2009 einen durchaus ernstzunehmenden philosophischen Schelmenroman vorgelegt, der zur Zeit ein überwiegend positives Echo findet. Durchaus vergleichbar mit GOODSELLERN von Wilhelm Schmid (Glück 2007), Sloterdijk (Du musst dein Leben ändern 2009), Safranski (Romantik).
Eine Teilnehmerin des PhiloCafés vom 12.2. hier in Bern sagte, sie könne solche Texte nicht mehr lesen (wg. ihrer Augen) - und es wird weitere Gründe geben, warum frau und man sich aktuelle Entwicklungen in der Philosophie in einem gestrafften Einleitungsvortrag im caféphilo hier im Turmzimmer Schloss Bümpliz anhören , um anschliessend ins gemeinsame Philosophieren zu kommen.

Wir alle kennen am Leib getragene Telephone. Sie haben sich erst vor einigen Jahren bei uns fast allgemein verbreitet. Der bisherige Platz der Armbanduhr ist dadurch frei geworden. Hier könnte künfzig ein neuer kleiner Apparat befestigt sein. Er dient nicht dem Kontakt mit entfernteren Gesprächsteilnehmern, sondern mit dem eigenen "Inneren", mit unseren sich durch Hirnaktivitaet aufbauenden Gefühlen und das Affektophon am Handgelnk soll biofeedback ermöglichen., sozusagen durch einen Anruf "bei uns selbst".

Break (gesungen)
"die Maedchen in de-er Welt
sind falscher als da-as Geld"

Was sagt uns diese "canzone"? Das Lied "Ade zur guten Nacht" ...

verweist auf die belebte Natur unseres Heimatklimas:
"im Sommer, da blüht der Klee,
im Winter da schneit´s den Schnee"

(biblisch: alles zu seiner Zeit)

auffällig der starke Kontrast, typisch für ein Klima mit unterschiedlichen Jahreszeiten. Der Sänger spricht aber "durch die Blume" (durch den blühenden Klee und den sich reimenden kalten Schnee) von Gefühlen. Diese können zum Glück (Sommer, blühender Klee) gehören oder zum Unglück.
Sind nun Glück und Unglück wie Sommer und Winter? "Ertrage, was du nicht ändern kannst?"

Doch nun zu HAMPEs Text, der seinem wohl noch sehr kleinen Sohn HUGO gewidmet ist und den er einen „Kanon“ (=vielstimmigen Gesang) nennt.
Das 1. Kap. beginnt ein Ich-Erzaehler. Bei ihm gibt es Anklänge und reizvolle Unterschiede zu Autor Hampe. Der Erzähler berichtet von einer neugegründeten (und aus Geldmangel der öffentlichen Hand inzwischen geschlossenen) Akademie bei Hannover. Sie hatte einen Wettbewerb ausgeschrieben zur Preisfrage:
KANN DAS MENSCHLICHE LEBEN VERVOLLKOMMNET WERDEN UND WENN JA, AUF WELCHEM WEG KOENNEN DIE MENSCHEN DAS GLUECK FINDEN?

Von "mehreren Postsäcken" eingesandter Texte bilden 4 den Mittelteil des Buchs. Die fiktive Auswahl dauerte ein ganzes Jahr: "ich hatte meinen Glauben an den Sinn von philosophischen Büchern und vor allem an den Sinn dieser Preisfrage eigentlich schon verloren, bevor ich mich mit den eingegangenen Schriften befasste" – heisst es einleitend. "Ich hatte lediglich die Texte ausgewählt, die mir am besten gefielen," schrieb HAMPEs Erzähler, "doch merkwürdigerweise ergänzen sie sich gegenseitig" - was an die Ringparabel denken laesst: "zu der Zeit, als ich die jetzt abgedruckten (Texte) ... las, war ich während der Tage der Lektüre und auch noch kurz danach davon überzeugt, dass der jeweilige Autor recht hatte".

Affektephone werden behandelt im ersten Text ( zugeschrieben Erwin Weinberger, Physiker und Wissenschaftsphilosoph ).

Wie kommt die Rede auf "Gefühle" / Affekte ?
Satz 1: Unser Weg zum Glück liegt in der Vermeidung des Unglücks.
Satz 2: Das beste Mittel, das wir zur Vermeidung von Unglück haben, sind Wissenschaft und Technik.
Satz 3: Es sind Fakten in unserem Bewusstsein und Gefuehlsleben / Affektleben, die für das Glück entscheidend sind.
Nachsatz: Am Ende,wenn die Wirklichkeit und wir selbst für uns transparent sind, wird es uns wie Schuppen von den Augen fallen. Die Welt ist verständlich. Und das wird Konsequenzen haben für Vermeidung von Unglück im menschlichen Leben.
Affektophone sind ein Werkzeug dazu.

Machen wir einen grossen Schritt zurück! Plato lässt den nachdenklichen Sokrates 3 Teile im Wesenskern von uns Menschen, in unserem SELBST, in der SEELE unterscheiden:

1. Begierde / Strebung / Affekt (wie andere Lebewesen auch)
2. Vernunft des zur Rede begabten Wesens Menschenbild
- und dann ein Drittes, das den Auschlag geben soll
(solange 1 und 2 nicht übereinstimmen)

Das Bemühen des Sokrates ist: sie zur Harmonie zu führen und das nennt er eine philosophische Selbstsorge und zugleich Selbstbeherrschung. Alles Weitere komme dann später.

Und wieder ein grosser zeitlicher Sprung wieder zurück zu gegenwärtigem Philosophieren! Wilhelm Schmid hat ja 2010 DIE LIEBE NEU ERFINDEN auf den Büchermarkt gebracht. Untertitel: Von der Lebenskunst im Umgang mit Anderen

Ausgerechnet auf S. 13 lesen wir:
Auf dem „Weg zur Weisheit“ komme es darauf an, „für ein überlegtes Verhalten (Handeln) … nach Gründen zu suchen und sie abzuwägen. Bei diesem argumentativen Vorgehen kann die Philosophie behilflich sein … Der jeweilige Mensch trifft selbst seine Wahl, sinnvollerweise jedoch mit Gründen, die sie und er im Denken und Fühlen ausreichend abgewogen hat … Die Gründe kann sie und er allein abwägen (oder mit Anderen) … Als gute Gründe kommen dabei nicht nur Überlegungen, sondern auch GEFÜHLE in Betracht“ (S.13, Schmid LIEBE)

p. 18 freier raum des Künftigen: die Gefühle schon mal vorausschicken und die Gedanken dorthin zu bewegen

p. 52 nicht mehr nur für die eigenen Gefühle

Und es gibt da auch einen ganzen Abschnitt, überschrieben:
UND WENN ES ÄRGER GIBT?
DIE ALLTÄGLICHE POLARITÄT VON GEFÜHLEN
141 – 152

Bei Schmid ist „Leben in Polaritäten“ (99) ein grundlegender Zug seiner Darstellung und „Freud und Leid“, Wohlfühlglücksgefühl und ärgerliche Wut „Teil der Polarität, die sich im gesamten Leben als unvermeidlich erweist“.

Hampes AFFEKTOPHON soll zum Glück tendierendes Gefühl erkennbar machen, damit wir es willentlich verstärken. Dem Glück widriges Gefühl sollte die Alarmglocke auslösen.
Getreu der (bescheidenen?) These, dass Glück durch Minderung der Häufigkeit und der Stärke „negativer“ Hirnzustände anzustreben ist, steht die Selbsthemmung im Vordergrund.
Ich verlas dann - mit Unterbrechungen - S. 103 bis 105

und dann wurde munter philosophiert!