Protokoll zum Seminar: Eine philosophische Praxis?
Montag, den 20.10.2008
16 -18 Uhr
Protokoll von Sandra Mandl
Im Seminar “Eine philosophische Praxis *Philosophical Practitioners*” wird besprochen, was (eine) philosophische Praxis ist. Philosophische Praxis geht über die Philosophie als Theorie hinaus. Seit wann gibt es philosophische Praxis? Welche philosophischen Praktiker aus früheren Zeiten sind uns bekannt?
In Griechenland ist der wohl bekannteste praktizierende Philosoph oder philosophischer Praktiker
- Sokrates
Sokrates selbst verfasste keine Schriften. Er praktizierte Philosophie, indem er mit den Menschensprach. Über die Philosophie des “Stadtstreichers” erfährt man durch Platon, Xenophon und Aristophanes. Platon nutzte Sokrates als philosophisch-literarische Figur für seine Texte.
Gilbert Ryle entwickelte in “Platos Progress” die Theorie, dass Sokrates live aufgeführt wurde. Erst
als die Erinnerung schwand, ließ man seine Philosophie schriftlich fixieren.
- Der Kyniker Diogenes
Diogenes philosophierte nicht mal, indem er Fragen stellte, sondern durch seine Handlungen. Und wenn er selbst gefragt wurde, gab er bedenkenswerte Antworten.
- Platon
Platon war mit seiner (“anspruchsvollsten”) philosophischen Praxis kein Erfolg beschieden. Er wollte einen philosophischen Staat, in dem die Philosophen Könige sind. Seine Sizilienreisen zeugen von seiner Tätigkeit als philosophischer Praktiker.
-Epikur
Epikurs Gäste wurden am Eingang seines Gartens mit der Inschrift:
"Tritt ein, Fremder! Ein freundlicher Gastgeber wartet dir auf mit Brot und mit Wasser im Überfluss, denn hier werden deine Begierden nicht gereizt, sondern gestillt."
begrüßt. Eintritt wurde Sklaven, Frauen und freien Bürgern gewährt. Seine philosophische Praxis konzentrierte sich auf ein gutes Leben, Lebenskunst, Freundschaft und Einklang mit der Natur (-> Garten KEPHOS).
- Pythagoras
Pythagoras betätigte sich praktisch-philosophisch in der Politik und damit, dass er eine Sekte der Pythagoreer und eine pythagoreische Schule gründete. Die Wissenschaften wurden in dieser Schule hochgehalten, vor allem Mathematik und Musik.
Im Römischen Reich gab es zahlreiche praktische Philosophen, die sich als Politiker betätigten. Bis dann das Christentum mit Paulus und der Bibel aufkam. Es stellte eine Konkurrenz zur Philosophie dar. Die Bibel wurde als “Verbalinspiration” angesehen, das heißt als Schrift, die in jedem Wort von Gott inspiriert ist: "Gottes Wort" - siehe auch Beginn des Johannes Evangeliums.
Nebenbemerkung:
Da im Hebräischen keine Vokale geschrieben wurden, schreibt
sich der Name Gottes dort nur mit Konsonanten:
....
(JHWH)
Gelesen wurde dies von ehrfürchtigen Gläubigen als Adonai (der Herr), da
man Gottes Name aus Ehrfurcht nicht aussprechen sollte.
Auch die Erfindung der Sprache wurde Gott zugeschrieben, das heißt für den gläubigen Leser, jedes Wort hat einen von ihr/ihm "vor aller Welt" festgelegten Sinn. Ja sogar alle Kombinationen von Buchstaben!
Schreiben und Lesen wurde sehr wichtig. Der Schriftgelehrte ist der Wahrheit näher als ein Sprechender / Hörender.
In der christlichen Scholastik wurde Philosophie eine Magd der Theologie. Und sie versuchte Fragen zu beantworten, die sich aus den Formeln der christlichen Dogmatik
(z.B. "dreieiniger Gott") ergaben.
“Was ist ein Anfang?" (hebräisch: Bereschit, Griechisch: Genesis - Ursprung / Entstehung)
"Macht ´Anfang der Welt´ Sinn ?”
Gegen Ende der Sitzung wurde noch Organisatorisches geklärt:
Im Seminar werden Texte aus dem Buch “Das OrientierungsLos” (Hg. von Volkbert M. Roth und Detlef Staude, erschienen im Hartung-Gorre Verlag Konstanz) besprochen.
27.10. Bernadette Hagenbuch: Philosophische Beratung als Orientierung in der Krise
Referat: Alexandra
03.11. Willi Fillinger: Orientierung in der real existierenden philosophischen Praxis
Referat: Stefan
10.11. Roland Neyerling: Als Philosoph auf der Walz
Referat: Sandra
17.11. Hans Haessig: Anfänge einer transversalen Orientierung
Referat: Tobias
24.11. Detlef Staude: Das Gastmahl des Euripides
Am 01.12. findet das Seminar an der pädagogischen Hochschule Thurgau mit Eva Zoller statt.
Nach dem Seminar gibt es jeweils ein Nachtreffen im Waldhaus Jakob mit anschließendem Montagskreis. Das soll der Versuch einer realen philosophischen Praxis außerhalb des universitären Rahmens sein.
Internetadressen hierzu:
www.gedankengang-online.de
philopraxis-feigenblaetter.blogspot.com/
Ein aktueller Termin ist der Sonntag, der 26. Oktober. Eva Zoller hält um 10:30 Uhr ein Mini-Café Philo im Käuzli in Altikon ab.
Für eine Mitfahrgelegenheit bitte melden bei: gedankengangonline@googlemail.com
Dienstag, 21. Oktober 2008
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