Samstag, 3. August 2013

Philosophieren mit Kids

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(dort : eingefügte Bilder, auch von Textstellen)

Besprechung :

W A I K I K I  -whykiki-      oder

IST PHILOSOPHIEREN MIT KINDERN PHILOSOPHIE ?

Die sympathische Autorin aus Vorarlberg lernte der Rezensent beim Wintertreffen der Gruppe philopraxis.ch kennen. Mag. Maria Eitzinger macht nach Abschluss ihrer Universitätsausbildung gerade die ersten Schritte in die Berufstätigkeit u. a. mit einer Vertretung in der Lehre der PH des Kantons Thurgau in unserer Nachbarstadt.

Der Titel macht (mich) neugierig. Freilich kommt p. 8 vorab   die überraschende Eröffnung: „Ich werde die Begriffe Philosophie und Philosophieren in meiner Arbeit gleichbedeutend verwenden.“ Vgl. Tractatus 4.112: „Philosophie ist keine Lehre, sondern eine Tätigkeit“(Wittgenstein).

Was bedeutet das für die Titelfrage? Enthält fee-lah-so-fee (Thomas Jackson Newsletter/Hawai), enthält die Kinderphilosophie  die „Aspekte ..., die das Philosophieren ausmachen“? (U4) Und welche sind das?

Es sind 3 US-Amerikaner und eine Schweizerin, deren Ansätze zum Philosophieren von Vorschulkindern und dem Philosophieren mit Kindern und Jugendlichen (in der Schule) als exemplarisch vorgestellt werden.  Neben Eva Zoller (PH Kreuzlingen) sind es der Gründer des IAPC* (1974) Matthew Lipman (NY), Gareth B. Matthews (Amherst) und am wichtigsten: Thomas E. Jackson (Hawai), bei dem die Autorin 7 Monate studierte.



„Die meisten Wissenschaften definieren sich ... über ihren Zuständigkeitsbereich... Die Philosophie hingegen kann dies nicht, da ihr Gebiet ... nicht fest umrissen ist.“ p. 33

Die Autorin verzichtet daher zunächst auf  eine Begriffsbestimmung von Philosophie und führt statt dessen 5 Aspekte des Philosophierens auf .
Siehe philopraxis.ch-link !



„Ich werde mich der traditionellen Dreiteilung anschließen“ (Epistemologie / Ethik / Metaphysik) p.54ff wird hierzu ausgeführt und erläutert (unter Bezug auf Stoa, Kant, Aristoteles und Heidegger/Parmenides- zur Metaphysik). Offenbar möchte die Autorin in der dritten philosophischen Disziplin auch  (philosophische) Theologie einbeziehen, cf. p. 53

FRAGEN (p. 40ff) sind für sie das Lebenselexier der Philosophie/ des Philosophierens. Dabei bestätigen die ersten 2 (der 3 oder 4) Kantschen Fragen diese Disziplineneinteilung :

Was kann ich wissen ? (reine Vernunft / Epistemologie)

Was soll ich tun? (praktische Vernunft / Ethik)

Hinsichtlich der dritten Kantschen Frage: Was darf ich hoffen? (die mir nicht im selben Maße aktuell zu sein scheint) hält es die Autorin mit Ludwig Marcuses Sentenz, die Metaphysik liefere sinnlose Antworten „auf sehr sinnvolle Fragen“ (p. 43).  Dies bestärkt sie in ihrer Meinung, „dass die Frage in der Philosophie wichtiger ist als die Antwort“  -  oder  Philosophieren wichtiger als Philosophie?  Strukturell auffällig ist, dass es für das im Grundschulalter ausführlich dokumentierte (und analysierte) Textbeispiele gibt („little – p“ philosophy), doch von „big – P“ Philosophen bleiben co-text und Diskussionskontext ihrer Äußerungen durchgängig ausgespart. Man ist sofort geneigt anzufügen: „Dies ist aber im Rahmen einer Magisterarbeit auch gar nicht anders möglich!“ Insbesondere wenn so viele Philosophen in ihren Aussprüchen herangezogen werden. Doch bleibt nicht der Einwand, dass hier zu Unterscheidendes verglichen wird? Auf Seiten der PhilosophInnen Sentenzen, auf Seiten des  Philosophierens / Diskutierens mit Kindern Gespräche in der Gruppe (mit Lehrperson).

Und was könnte man vergleichen? Philosophieren mit Kindern  in der Elementary School und Diskussionen in einem philosophischen Seminar an einer Universität oder in einem Café philo* oder Dialog mit Sokrates? Gibt es Übereinstimmung mit dem, was Philosophen über Philosophieren verkünden (cf. „Zusammenhang der Aspekte“,  37ff und das kurze Eingehen auf „Theorie und Praxis“  87) und dem, was sich in beobachtbaren philosophischen Gesprächen

Erwachsener zeigt? (Freilich; was darf als philosophisches Gespräch gelten? Und: ist

Philosophieren im Universitätsseminar angeboten durch in Philosophie Habilitierte jedenfalls Philosophie? Maria Eitzinger führte am 3.3.2009 mit Studierenden der PHTG eine Diskussion nach den Jackson-Regeln durch über die Frage: „und nach dem Tod?“ - solche Debatten unter Auszubildenden scheinen mir ein naheliegendes Vergleichsmaterial. Freilich fragte eine

Teilnehmerin: ist das eigentlich eine philosophische Frage? Bietet sich an, darüber nach Jackson-

Regeln zu philosophieren und dies mit Kinderphilosophie „über Leben und Tod“ zu vergleichen.)

Ganz am Schluss im Abschnitt 4.2  (pp. 88f) wird dann unter dem Titel „Unterschiede zwischen PhilosophInnen und (-philosophierenden-) Kindern“ vermerkt, „dass der/die PhilosophIn die meiste Zeit alleine arbeitet und mit anderen Denkern hauptsächlich über Bücher in Kontakt steht.“ (eine Idealisierung) “Die Kinder philosophieren in einer Gruppe.“ (korrekt für das angeführte

Material) Ist es nicht vielmehr so, dass die Autorin über philosophische Bücher mit

PhilosophInnen, die sie zitiert, Kontakt aufnimmt, also mit aufgeschriebener Philosophie, und in

Kontrast dazu das von ihr ausgewählte, teils selbst mit veranlasste und hier vorgestellte mündliche Philosophieren  mit Kindern steht? Gibt es Vergleichbares etwa mit Studierenden? Siehe etwa die traditionellen studentischen debating societies in Oxford. Macht der Bezug auf aufgeschriebene Philosophie Anderer den Unterschied zur Kinderphilosophie?  (Aber siehe das Beispiel 3.3.2009)

 Die griffige Titelfrage  „Ist Philosophieren mit Kindern Philosophie?“

könnte den nahe liegenden Blick darauf versperren, dass nicht mehr (und nicht weniger) als Familienähnlichkeit  zu erwarten ist. Auch Philosophieren ist ein Sprachspiel,  in dem von Wittgenstein in die Philosophie eingeführten, zugleich anspruchsvollen und bescheiden selbstkritischen Sinn.  Maria Eitzingers  SCHLUSS (im Doppelsinn) : „Philosophieren mit Kindern ist Philosophie“  legt aber stattdessen Subsumtion nahe. Abgetönt wird dies noch auf derselben Seite: „Die Theorie des Philosophierens mit Kindern steht ... mit der Philosophie (der Großen V.M.R.) in engem Kontakt.“ p. 87 – kursiv von mir. Das Bündel philosophischer Sprachspiele ist schon selber variätätenreich  ... und es gibt auch noch soziale Sprachhandlungen „drum rum“, wobei der – um im Bild zu bleiben – Grad der Verwandtschaft nicht immer schon von Beginn an feststeht.

 The  Waikiki  „Let´s talk philosophy“ Language Game


Mag. Eitzinger machte als Gaststudentin im Spring Term 2005 Feldforschung in Hawai, in der Waikiki Elementary School. Außer ihr gab es dort noch „andere StudentInnen, die kinderphilosophischen Gesprächen zuhörten“ (p. 85). Die Spielregeln wurden von Thomas E.

Jackson entwickelt, manche Anregungen von Lipmans Advancement of Philosophy for Children

(seit 1974) aufgreifend , und in dem von der Regierung von Hawai geförderten  „Philosophy in the Schools Project“ ab 1984 wurde das – ich nenne es hier so – WHYkiki praktisch. 18 Jahre lang gab es die Möglichkeit für Philosophiestudierende mit einem ersten Abschluss (B.A.), ein bezahltes Praktikum im Rahmen dieses Projekts an Grundschulen zu machen. „A sense of wonder“ sei bei

Vorschulkindern noch weit verbreitet, nehme aber bald nach der Einschulung in eine Schule ohne WHYkiki drastisch ab. Junge Schulkinder hören auf, „Wunderfragen“ zu äußern, weil sie sich in der normalen Schule damit rasch zum Gespött machten. Dem versucht eine Schule mit WHYkiki entgegen zu wirken durch Einrichten einer „Intellectually Safe Community“ - im Rahmen der WHYkiki-Stunden. Waikiki Elementary School ist noch heute eine solche Schule.

Maria Eitzinger beschreibt in dem wohl spannendsten Teil ihres Textes pp.20-33 (ergänzt durch Bemerkungen pp.57-65) diesen Ansatz und gibt dann pp. 67-87 Textbeispiele, ab p. 81 bezogen auf ihre teilnehmende Beobachtung (siehe auch p. 63f) an der  Waikiki Elementary School. Bei mir hat dies ein lebhaftes Interesse geweckt, selber bald teilnehmender Beobachter von WHYkiki zu werden. (Was ja am 3.3.2009 schon begonnen hat.)

Maria Eitzinger, Ist Philosophieren mit Kindern Philosophie?

VDM  Verlag Dr. Müller   Saarbrücken 2008

ISBN: 978-3-639-01350-4
Die Autorin heißt nun Maria Rüdisser und ist Dozentin an der PHTG in Kreuzlingen.

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