Meine Einladung zur 14.
Internationalen Konferenz für Philosophische Praxis 2016 in Bern
Auf der 13. ICPP 2014 in Beograd wurde Detlef Staude damit
betraut, die 14. Konferenz in der Schweiz zu organisieren: „Philosophische
Praxis fusst auf der Überzeugung, dass das Philosophieren nicht nur
theoretische Erkenntnis zum Ziel hat, sondern dabei Fragen der menschlichen
Existenz sowie des täglichen Lebens in den Blick kommen. Der philosophische
Dialog unterstützt somit bei der Orientierung im Leben. So gesehen hat
Philosophische Praxis zum Ziel, den Anderen und sich selbst besser zu
verstehen. Im Bereich der
Philosophischen Praxis hat sich in den letzten Jahren eine beachtliche,
vielfältige internationale Bewegung entwickelt. Seit 1994 haben internationale
Konferenzen für Philosophische Praxis stattgefunden, in unterschiedlichsten
Ländern der Welt.“ (Detlef Staude für philopraxis.ch im CALL for PAPERS 2015)
Aber gibt es denn philosophisches Wissen, das zur
Orientierung im Leben führt?
Durchaus skeptisch ist da Michael Hampe in seinem 2014
erschienenen Buch „Die Lehren der Philosophie. Eine Kritik“. Angeknüpft wird an
das berühmte >Nicht-Wissen< des Sokrates. (Vgl. dazu auch Roth 2010) Dies ist auch insofern von Belang, da ja
einige von uns Sokrates als einen frühen Philosophischen Praktiker sehen.
Michael Hampe, Professor an der ETH in Zürich, wird den kurzen
Eröffnungsvortrag (auch offen für die interessierte Öffentlichkeit) am 4.8.2016
am Nachmittag halten.
Unser Treffen ist in der Hauptsache eine Konferenz von
philosophischen Praktikern für philosophische Praktiker. Wir versuchen uns
dabei offen zu zeigen für die Universitätsphilosophie und ebenso für eine zum
Philosophieren bereite Öffentlichkeit (hierin Sokrates folgend) – um in je
angemessener Weise in Dialoge einzutreten. Die Formuliereng des Rahmenthemas
UNDERSTANDING THE OTHER AND ONESELF
ist auch als Bemühung
des Organisationsteams zu sehen, dass die Beiträge sich hierauf konzentrieren.
Daher bitte beachten: dies wird auch der Titel der Kongresspublikation sein,
siehe www.philopraxis.ch/?page_id=945
Man kann ja dafür
argumentieren, dass „Philosophische Praxis“ seit der Antike existiert und eben
mit der Tätigkeit beispielweise von Sokrates beginnt. Den Namen „Philosophische Praxis“ fand Kollege Gerd B.
Achenbach (Bergisch Gladbach unweit Köln) 1981 für seine eigene Aktivität und
er gründete 1982 die Gesellschaft für Philosophische Praxis (GPP), die wurde
1984 zur „Internationale“ (IGPP). Eine echte Internationalität wurde freilich
damit noch nicht erreicht. Dies aber war Anliegen „im zweiten Anlauf“ 1994 der
ersten ICCP von Vancouver (Ran Lahav & Lou Marinoff). Seitdem ist die
Hauptsprache der Internationalen Konferenzen ICPP Englisch. (Wir werden hiervon
in den Veranstaltungen, die offen für die Öffentlichkeit sind, abweichen.)
Auf den ICPP-Treffen kommt es zu Begegnung und Gespräch mit
Leuten, die vielleicht bis dahin für eine/n „nur Namen“ von Autor(inn)en waren
oder uns „nur digital“ aufgefallen waren. Auf der 13. ICPP in Belgrad hatte Ran
Lahav überraschend angekündigt, dass es
bald eine digitale AGORA philosophischer Praktiker (www.philopractice.org)
geben werde. Dies macht es auch möglich, miteinander in Kontakt zu bleiben
zwischen den in Zweijahres- oder Jahresabstand stattfindenden Konferenzen. Die
ersten Videos wurden von Ran Lahav schon in Belgrad aufgenommen. Inzwischen
sind schon etliche erschienen. Teilweise stehen Übersetzungen zur Verfügung.
Auch die 14. ICPP ist für die Aufnahme neuer AGORA-Interviews eine Gelegenheit.
Was bei der 13.ICPP noch eine Überraschung war, ist nun Teil des Programms und
gibt uns nun auch neue Kommunikationskanäle für Direktübertragungen und
zeitnahe Diskussion des ICPP-Geschehens auch „mit der Welt außerhalb von Bern“.
Philosophische Praktiker haben die Erfahrung und teilen die Überzeugung, dass philosophischer Dialog, gemeinsames Philosophieren hilfreich für eine Orientierung im Leben sein kann, siehe auch Roth/Staude für philopraxis.ch (Hg.), OrientierungsLos (Konstanz 2010). Ein viel diskutiertes, doch eigentümlich paradoxes Vorbild hat uns Platon in der „Apologie des Sokrates“ gegeben. Dies ist paradox, weil ja für unseren Kollegen das Philosophieren das Resultat hat, dass sein Leben aufhört. Die zweite Seite der Paradoxie ist freilich, dass Sokrates bis an sein Lebensende philosophiert. Selbst wenn er nicht durch Wissen angeleitet wird, nimmt ihm das eingestandene Nicht-Wissen die Todesfurcht und er sorgt so „für seine Seele“, schafft sich Seelenfrieden. In der abschließenden >jam session< mit den Freunden im Gefängnis wird ernsthaft und heiter-gelassen philosophiert. Michael Hampe hat 2014 zugespitzt formuliert, dass der Sokrates der Apologie „seine freie Individualität allein in einer leiblosen Existenz realisiert sah“ (S. 100).
Ist das Grundlage für philosophische Lebenskunst?
Keine/r von uns
konnte entscheiden nicht auf die Welt zu
kommen. Wir finden uns immer schon vor in der Welt. Aber können wir in einen
Dialog eintreten, in welcher Weise unser individuelles Leben zu Ende gehen soll?
Endlich! – vom Leben mit dem Tod (Philcologne 30.5.2015)
Zum obigen Bild: http://www.kunstkopie.de/a/david-jacques-louis/der-tod-des-sokrates.html ; http://www.nzz.ch/feuilleton/wird-denken-jetzt-mode-1.185955723 mit treffendem neuen Titel des Bilds (ohne Bezug im Text)
von Marc Zitzmann 14.8.2015; eingesetzt in einen Reiseschnappschuss „in der
Stadt” / M. Roth 2009 (Istanbul)
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