Liebe
Philosophie-Interessierte
am
Samstag, 15.11., findet im Alten Schloss
in Bern-Bümpliz um 14°°
wieder das Philosophische Café statt. Es ist dem Thema MARTIN HEIDEGGERS
„Schwarze Hefte“ gewidmet.
Wer
sich vorab einen Eindruck verschaffen will ist hingewiesen auf:
https://www.youtube.com/watch?v=Wnqk6cYbzFU die Verlagsvorstellung mit
Klostermann (Verleger), Kaube (FAZ-Geisteswissenschaften) und Trawny (Herausgeber der "Schwarzen Hefte" im Verlag Klostermann)
Mike
Roth gibt eine Einführung und anschliessend wird es wie immer eine gemeinsame
Diskussion geben. Wir
freuen uns über alle, die kommen!
Liebe
Grüsse im Namen der an
Vorbereitung und Leitung des Philocafés Beteiligten
Praxis Detlef Staude Indermühleweg
5 CH - 3018 Bern Fax: +41(0)31 544 30 63
+41 (0) 79 26 511 53 Susanna Staude philomail@philocom.ch www.philocom.ch
Peter
Trawny in GA 96-278f: sie „sind ungefähr Mitte der siebziger Jahre ins Deutsche
Literaturarchiv nach Marbach gebracht worden…( und ) Heidegger habe geäußert,
dass sie ganz am Schluß der Erstellung der Gesamtausgabe veröffentlicht werden
sollten.“
Peter Trawny, 2014 2. Aufl., Heidegger und der
Mythos der jüdischen Weltverschwörung
GA 96 - S. 53, Anm. 40 :
statt XV à
XIV ; GA 69 & die Anm. 39 (1.Aufl. Anm. 37) in Trawny 2014, 2. Auflage, S.
52, beginnt der Anmerkungstext mit einer kleinen philologischen Sensation: „Im
Buch fehlt … (ein) Satz. Er steht im Manuskript (Martin Heideggers), doch er
findet sich nicht in der Abschrift (des Bruders Fritz)…, der ihn wohl „gestrichen“
hat. Im Sinne der Ausgabe „letzter Hand“ haben die Herausgeber und der Nachlassverwalter damals entschieden, den
Satz nicht zu veröffentlichen“ in GA 69 (1998).
Liebe Christine, Du hast
mir diesen Band nun mitgebracht aus der Universitätsbibliothek (Konstanz): was denkst denn Du, wer
"die Herausgeber" sind? Die Anmerkung beginnt ja mit: "Im Buch
fehlt dieser Satz." ... Fritz hat ihn "gestrichen" = einfach
nicht abgetippt. "Er steht im Manuskript" - und ich hab mich gefragt:
seit wann weiß Trawny das?
Nun stellt sich zu meiner
Überraschung heraus: mindestens seit 1997! Und statt "die Herausgeber"
lese ich (als Bandherausgeber von GA69) nur den Namen: Peter Trawny. Es haben also
"Herausgeber und Nachlaßverwalter damals entschieden, den Satz nicht zu
veröffentlichen" in der Heidegger GA, Band 69 GESCHICHTE DES SEYNS /Ein Beitrag von Eggert Blum in: DIE ZEIT 47/2014 gibt mir nun eine Erklärung für den Plural: der Bandherausgeber (Trawny) + der "leitende Herausgeber der Gesamtausgabe" (v. Herrmann) sowie der Rechtehalter Herrmann Heidegger; siehe dazu die Wiedergabe der Argumentation auf http://feigenblaetter.blogspot.de/2014/12/marke-heidegger.html
DEN Satz lesen und Trawny Text dazu
Aus einem ebenfalls in
diesem Jahr erschienenen Buch „Technik und Lebenswirklichkeit“
(Richter/Schwarke, Hrsg.) möchte ich einen im Wesentlichen 2012 verfassten Text
anklingen lassen zur Bedeutung
Heideggers – vor Bekanntwerden der „Schwarzen Hefte“. Anne - Maren Richter schreibt
p. 37f: "Seit Sokrates ist es die Aufgabe der Philosophie, das Alltägliche
zu hinterfragen. Dazu gehören auch solche Fragen, die eine Gesellschaft lieber
ungefragt lassen möchte. PhilosophIn
stellt demnach unsere Sicht der Welt in Frage und eröffnet damit die
Möglichkeit eines neuen Blickes auf die Selbstverständlichkeiten unseres
Daseins...zeigt ihre Grenzen auf, und ... überschreitet ... sie gelegentlich
auch (Anm. zu Heideggers „Sein und Zeit“). Philosophieren heißt, sich auf den Weg des nie endenden
Fragens zu machen, um so den nach Heidegger falschen Weg einer
Verwissenschaftlichung und Systematisierung der Philosophie zu vermeiden …
Heidegger will … das Staunen … auf Dauer stellen. Das Denken soll immer beim
Anfang bleiben, der nicht in der Vergangenheit liegt, sondern uns immer voraus
liegt und künftig ist.“
http://ev-akademie-wittenberg.de/person/anne-maren-richter
http://www.exzellenz-netzwerk-arw.uni-halle.de
Und im 20 000 mal gekauften Buch von Markus Gabriel 2013 holt sich der "Neue Realismus" prominente Unterstützung unter dem mehrschneidigen Titel Holzwege: Wenn wir auf
WELTbild stoßen, müssen wir vermuten, dass wir uns im Einzugsbereich des Konstruktivismus befinden. Auf diesen Umstand habe schon Heidegger in seinem Aufsatz "Die Zeit des Weltbildes" hingewiesen:
Weltbild wesentlich verstanden, meint ... nicht ein Bild von der Welt, sondern: die Welt als Bild begriffen. Das Seiende im Ganzen wird jetzt so genommen, dass es erst und nur seiend ist, sofern es durch den vorstellend-herstellenden Menschen gestellt ist." (S. 163)
Ich führe diese beiden Beispiele als Beleg an, dass Martin Heidegger heute wieder gern herangezogen wird, auch von jüngeren DenkerInnen.
Beim Café philo 15. Nov
2014 BERN (altes Schloss Bümpliz) konzentriere ich mich auf „Schwarze Hefte
1938-1939“ GA 95, „Schwarze Hefte
1939-1941“ GA 96 (und den zeitgleich entstandenen (laut Trawny2014, S. 52) Text „Die Geschichte des Seyns“ GA 69). Das ist einerseits die Zeit, in der eine
gewisse Abkühlung der Begeisterung (zu Beginn des Rektorats 1933)
eingesetzt hat, andrerseits wird nun das >sei/ynsgeschichtliche< NARRATIV
(Trawny 2014- 19f, 21f, 25f, 30, 33, 38, 44, 48, 52, 54ff ) verschärft. Meine erste Frage ist: was macht
den Denker selbstgewiss: „aber wir wissen den anderen Anfang, wissen ihn fragend – (vgl. S. 76-79)“ // Lässt sich
etwas „fragend wissen“? // GA 96, S. (3) – „ (
)“ rückgezählt von der ersten
paginierten Seite.http://ev-akademie-wittenberg.de/person/anne-maren-richter
http://www.exzellenz-netzwerk-arw.uni-halle.de
Und im 20 000 mal gekauften Buch von Markus Gabriel 2013 holt sich der "Neue Realismus" prominente Unterstützung unter dem mehrschneidigen Titel Holzwege: Wenn wir auf
WELTbild stoßen, müssen wir vermuten, dass wir uns im Einzugsbereich des Konstruktivismus befinden. Auf diesen Umstand habe schon Heidegger in seinem Aufsatz "Die Zeit des Weltbildes" hingewiesen:
Weltbild wesentlich verstanden, meint ... nicht ein Bild von der Welt, sondern: die Welt als Bild begriffen. Das Seiende im Ganzen wird jetzt so genommen, dass es erst und nur seiend ist, sofern es durch den vorstellend-herstellenden Menschen gestellt ist." (S. 163)
Ich führe diese beiden Beispiele als Beleg an, dass Martin Heidegger heute wieder gern herangezogen wird, auch von jüngeren DenkerInnen.
„Vormals konnten die Denker ihren Gedanken in
ein >>Werk<< niederlegen“ GA96-52 (Bezug auf die Buchseite).
„Künftig muss der Gedanke zu einem Gedankengang
werden“ - was das wohl heissen mag?
– „der nicht vom Seienden zum Seyn, sondern vom Seyn“ –und was ist darunter zu
verstehen?- „in dessen Wahrheit führt.“
Und dieser „Gang“ sei „Anlauf“, „Anlauf zum Sprung“. Ziel: „das Seyn als
Ab-grund erspringen“.
Was
passiert, wenn in einen Abgrund gesprungen wird, wissen wir. Etwas erringen
kennen wir auch. Und entsprechend: erspringen, etwa von einer abtreibenden
Eisscholle auf den Rand des noch mit dem Land verbundenen Eises springen können
und so sich retten… Freilich gehören Scholle und Eisesrand zum „Seienden“ und
liefern ein bloßes Bild für einen „Einsprung in das Sein“ GA96-89.
Bleibt
hier unberücksichtigt was >Sein<
im Unterschied zum Seienden ist und dann noch der Unterschied zwischen
Sein (mit i) und Seyn (mit y). (10 Seiten später: „hier das Seyn und seine
Wahrheit, dort das Sein als Seiendheit des Seienden“ GA96-99)
Ferner
ist offen, was aus >Abgrund< wird, wenn durch den „Heidegger Strich“ die
Neubildung (gesprochen) >Ab (pause)
grund< (mit Betonung beider
Bestandteile) wird. Auch wenn offen bleibt, was unter >Sein< zu verstehen
ist, ist Martin Heideggers Hauptpunkt eine Beschwörung von „Seinsverlassenheit
des Seienden“ (89) und es liegt nahe ihn zumindest so zu verstehen, dass es ihm
darum geht, die Frage nach >>nicht vom Sein verlassenem Seiendem<<
zu stellen: - „Der Seinsentwurf ist der
nächste Grund für das … Verhältnis des Menschen zum Anderen, zum Ding und zu
sich selbst. Dieser Grund aber ist nächster – der kaum gestreifte Rand des
Ab-grundes, als welchen / Grund? Ab-grund? /
das Da in Da-sein gegründet wird … als … Er-eignis … Lichtung der
Verweigerung.“ (88) Starker Tobak? Der Philosoph als Gedankenlyriker und
Bereiter schwerverdaulicher Kost? Stellt
sich hier vielleicht auch die Frage: Ist der Denker von dieser Welt?
Im
von Peter Trawny herauspräparierten NARRATIV
(einer Erzählstruktur), zuerst (Trawny2014-19) in einer Vorlesung 1932,
also ein Jahr vor Hitlers Machtantritt und Heideggers Rektorat, angedeutet und
dann in einigen Varianten in den
„Schwarzen Heften“ weiterverfolgt, fand Heidegger gemäß der Deutung Trawnys:
„das Narrativ eines Endes und eines Anfangs, das er mindestens anderthalb
Jahrzehnte als die >Seinsgeschichte< immer wieder bedenken konnte“ (19).
/Gerade
die geheimnisvolle Redeweise erleichtert den Übergang vom philosophischen
Er-eignis zu den politischen Ereignissen. („Das >Er-eignis<, das
Heidegger auf verschiedene Weise ausdenkt, kann nicht mit einem Wort ausgesagt
werden, wenn es überhaupt ausgesagt werden kann.“ ( so Peter Trawny, Adyton. Heideggers esoterische
Philosophie, 2010, 94) ádytos=unbetretbar / geheim; ádyton hieß der (für Besucher) „unbetretbare“
innerste Raum griechischer Tempel)/
Im
Text der Sommervorlesung 1932 notierte (so Trawny2014 – 20) sich Heidegger einen Hinweis auf
„Überlegungen II“, das erste erhaltene „Schwarze Heft“ (heute einsehbar in
GA94). Trawny kommentiert: „… die politische Lage (war) brisant. Da drängte
sich der Eindruck auf, die Figur des Anfangs müsse wiederholt werden. Was Heidegger philosophisch zur Sprache brachte,
beschränkte sich nicht auf sein Denken, sondern ereignete sich plötzlich
weltgeschichtlich“ (20).
In
der fortgesetzten politischen Bewegung Am-deutschen-Wesen-soll-die Welt-genesen
ist eine Parallele zur herausgehobenen Rolle der Griechen und der Deutschen in
der ersten personalisierten Fassung von Heideggers Narrativ: „ >Die
Griechen< haben den >Anfang der abendländischen Philosophie< markiert.
Wenn dieser Anfang in sein Ende übergeht, haben sie selbst … Anteil daran.
>Die Deutschen< wiederum befinden sich an der Stelle, wo dieses Ende
geschieht, indem es im >Abendland< ankommt… indem >die Deutschen<
den Anfang bei >den Griechen< zu durchschauen beginnen, sind sie es, die
nun den Anfang anders zu wiederholen
vermögen.“ (Trawny2014-26)
In
einem wohl (s. Nr. 49: Heute) 1932 entstandenen Notat des ersten erhaltenen
Schwarzen Heftes heisst es: „Der Deutsche allein kann das Sein ursprünglich neu
dichten und sagen – er allein wird das Wesen der θεωρία neu erobern“ GA94-27
(Nr. 71)
Im
Abschnitt 168 wird die Frage
aufgeworfen: „Müssen wir heute … mit dem
Philosophieren abbrechen- … muß der Abbruch ebenso vollzogen werden wie der Anfang – so daß dieses Aufhören ein
eigenstes Geschehen … werden müßte- …dieser Abbruch zur Eröffnung des Anfangs,
zum Wiederanfangen … würde.“ GA94-66
Im
Zentrum des NARRATIVS standen Ende und Anfang, Griechen und Deutsche. Trawny:
„in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre… (GA95: Überlegungen VII – XI. Schwarze Hefte
1938-39) … tauchen die Juden oder das Judentum unvermittelt zum ersten Mal als
Akteure des seinsgeschichtlichen Narrativs auf.“ (Trawny2014-33) Peter Trawny
weist hin auf Überlegungen VIII. Abschnitt
Nr.4 beginnt: „Was jetzt geschieht, ist das Ende
der Geschichte des großen Anfangs des abendländischen Menschen“ (GA95-96)
Der „jetzige Mensch“ habe „längst das Wagnis des Seyns verlassen“. „Was jetzt
als dieses Ende geschieht, bleibt … gerade denen
… zu wissen versagt, die ausersehen sind, dieses Ende … zu beginnen.“ Heidegger schreibt vom Bodenlosen „in den
verschiedensten und gegensätzlichsten Gestalten“, das gerät „in äußerste
Feindschaft und Zerstörungssucht.“
GA95-97 ist vom „Zerrbild des >Kampfes<“ die Rede, in dem siege
vielleicht „die größere Bodenlosigkeit, die an nichts gebunden, alles sich
dienstbar macht (das Judentum).“ HIER das unvermittelte erste Auftauchen. Der
folgende kurze Abschnitt 5 behauptet „zähe Geschicklichkeit des Rechnens und
Schiebens und Durcheinandermischens, wodurch die Weltlosigkeit des Judentums
gegründet wird.“
Doch
der „Sieg“ des Bodenlosen steht in Anführungsstrichen. Davon abgehoben wird
„der Sieg (ohne Anführungszeichen) der Geschichte über das Geschichtslose“. Er
werde „nur dort errungen, wo das Bodenlose sich selbst ausschließt, weil es das
Seyn nicht wagt, sondern immer nur mit dem Seienden rechnet und seine
Berechnungen als das Wirkliche setzt.“ GA95-97 "Eigentlicher Sieg" / Endsieg ?
Ist
es einsichtig, wenn Trawny dies seinsgeschichtlichen Antisemitismus nennt? Ist es nachvollziehbar, wenn RA Arnulf
Heidegger, Enkel von Martin in einem Grusswort auf der Feier des 125.
Geburtstags in diesem Jahr in Heideggers oberschwäbischer Geburtsstadt Meßkirch
erklärt, dass die Familie Heidegger sich
Trawnys Deutung nicht zu eigen
mache?
Diskussion
Eine Frage aus Lima: Wie leitet man das philosophische Café, wenn, sagen wir mal, mehrere Teilnehmer (oder gar die meisten) empathisch mit Martin Heidegger, versuchen eine antisemitische Position zu rechtfertigen, indem sie anfangen über die ... Existenz einer jüdischen Weltverschwörung oder ... Bodenlosigkeit der Juden, usw. zu plaudern? Es gehe also tatsächlich nicht um das Verstehen, sondern um das seynsgeschichtliche Sein, so wie es uns durch das Dasein veroffenbart wird. = Es geht nicht darum, zu analysieren, was da passiert ist, sondern um die richtige Offenbarung der Geschichte des Deutschen Volkes, die nur durch das Deutsche Volk erfasst werden kann (ich beziehe mich hier auf das Video, auf das du hingewiesen hast https://www.youtube.com/watch?v=Wnqk6cYbzFU)Diskussion
... darf Jede/r irgendwelche Hasspredigt halten, solange dies mit irgendwelchen Zitaten oder anscheinend rationalen Argumenten begründet wird? Ich stelle dir diese Frage auch, weil wir uns in unserem Café in Lima manchmal mit analogen Situationen auseinandersetzen müssen.
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